Mittelständische Unternehmen profitieren von der Entwicklung. Hier berichten zwei Hersteller von hochwertigen Convenience-Produkten von ihren Erfahrungen.
Klein Meckelsen gehört zu den niedersächsischen Gemeinden, auf deren Ortsschildern der Name noch auf Plattdeutsch vermerkt ist: „Lütt Meckels“ steht da, schwarz auf gelb. Den Besucher erwartet, was er erwartet hat: viel Grün, satte Wiesen, reetgedecktes Fachwerk, jede Menge Ruhe.
Mit rund 900 Einwohnern idyllisch zwischen Hamburg und Bremen gelegen, wurde „Lütt Meckels“ schon zweimal Bundessieger im Wettbewerb „Unser schönes Dorf“.
Vielleicht ist es kein Zufall, dass Joachim Kunkel und seine Frau Marion ausgerechnet hier, im historischen Gebäude am Klosterhörn, 1988 „Die Räucherei“ gründeten, wo seitdem erlesene Fischspezialitäten verarbeitet werden. Vielleicht gedeiht ein solches Unternehmen, das auf Ruhe und Sorgfalt, auf Individualität statt auf Fließbandmentalität setzt, gerade in einer solchen Umgebung besonders gut. „Klasse statt Masse“: So fasst Joachim Kunkel sein Motto zusammen – und beschreibt damit gleichzeitig einen der Vorteile, die nicht nur in seinen Augen den deutschen Mittelstand im Vergleich zu Großkonzernen auszeichnen.
Die Räucherei mit rund 70 Mitarbeitern kann man da gleich als Beispiel nennen. In einer Zeit, da der größte Konkurrenzbetrieb der Niedersachsen in einem riesigen Industriekomplex in Polen jährlich 120.000 Tonnen Fisch verarbeitet, kommt „Die Räucherei“ auf vergleichsweise bescheidene 700 Tonnen. Sie setzt stattdessen auf das Prinzip „taylormade“, was „maßgeschneidert“ bedeutet, im übertragenen Sinn also: individuell und ganz nah am Kunden.
„Die großen Anbieter haben alle dieselben Produkte im Portfolio“, sagt Joachim Kunkel. „Sie identifizieren sich nur über den Preis. Wir als mittelständisches Unternehmen bieten unseren Kunden dagegen gezielt, was sie sich wünschen, von der Fischpraline bis zum blattgoldbelegten Lachsrückenfilet. Und das bereits in kleinen Mengen. So was kann nur der Mittelstand.“
Deshalb ist „Die Räucherei“ vor kurzem auch Mitglied in der „Initiative mittelständischer deutscher Zulieferer der Hotellerie & Gastronomie“ geworden – einem Zusammenschluss kleiner und mittlerer Unternehmen, mit dem die Marktposition des Mittelstands in der Hospitality-Branche gestärkt werden soll.
Denselben Schritt ist zum Beispiel auch Klaus Klische mit seinem Geschäftspartner Andreas Ballon gegangen – 1997 gründeten sie die Hamburger „Fresh Factory“, die sich auf die Veredelung frischer Früchte spezialisiert hat und mit rund 110 Mitarbeitern inzwischen zu den führenden Obstsalatproduzenten am Markt zählt. Klische ist seit langem mit Joachim Kunkel befreundet, was nicht weiter verwundert – verbindet sie doch neben privaten Gemeinsamkeiten auch eine ähnliche Sicht auf ihre Arbeit. „Kurze Entscheidungswege, flache Hierarchien und Innovationsstärke“, nennt Klaus Klische die Stärken seines Unternehmens, das ausschließlich den Fachgroßhandel für Hotellerie, Gastronomie und Großverbraucher sowie die Feinkostindustrie beliefert.
Größten Wert legt der mittelständische Betrieb aus der Hansestadt dabei, ebenso wie „Die Räucherei“, auf Frische und hohe Genusskultur. Dass beide damit voll im Trend der Zeit liegen, zeigen die Ergebnisse der aktuellen „Nestlé-Studie 2016“ unter deutschen Verbrauchern: Danach achtet eine Mehrheit von 53 Prozent der Befragten beim Kauf oder Bestellen von Lebensmitteln stärker auf die Qualität als auf den Preis. Beinahe zwei Drittel (64 Prozent) betrachten ein gutes Essen als Belohnung. 2011 waren es mit 42 Prozent nicht einmal die Hälfte der Befragten.
Auch Klaus Klische stellt es in seiner täglichen Arbeit fest: „Neben einer Zunahme der mobilen Verpflegungen, also ,ToGo‘-Produkten, gibt es eine immer stärkere Nachfrage nach gesunden und leichten Nahrungsmitteln, die in letzter Zeit unter dem Begriff ,Super Food‘ zusammengefasst werden.“
Gesund und qualitativ hochwertig – diese Kriterien nennt auch das Züricher Gottlieb Duttweiler Institut, das im Auftrag der Lebensmittelmesse „Internorga“ sieben „Trend-Thesen zur Gastronomie 2025“ aufgestellt hat. „Die Qualitätsansprüche der Konsumenten und die Bedeutung von Convenience Food steigen“, heißt es darin. „Die Weiterentwicklung zum Komfort-Essen prägt die Zukunft. Dabei möchten Verbraucher Transparenz bei Herkunft, Produktionsbedingungen sowie Nähr- und Zusatzstoffen.“ Klein, aber fein eben – oder: „Klasse statt Masse“, wie „Räucherei“-Chef Kunkel sagt, der nebenbei noch darauf verweist, dass seine Produkte sämtliche Zertifizierungen vorweisen können – von „bio“ bis „halal“ oder „koscher“.
Dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen spezielle, qualitätsorientierte Kundenwünsche besonders gut bedienen können, liegt auf der Hand. Dabei wird der Mittelstand in seiner Bedeutung für die Wirtschaft nach Ansicht von Klaus Klische oftmals noch immer nicht hoch genug eingeschätzt. Entsprechend beantwortet er die Frage nach den Gründen für sein Engagement in der Initiative der mittelständischen Gastronomiezulieferer: „Wir wollen damit auf die Belange des Mittelstandes aufmerksam machen. In einer Zeit, in der alle Signale in Richtung Konzerne und Großunternehmen gestellt sind, wollen wir zeigen, dass es die mittelständischen und inhabergeführten Betriebe sind, die Deutschland stark gemacht haben – und um die uns die Welt beneidet.“
Dabei sind es nicht nur die handfesten ökonomischen Vorteile, die Mittelstandsunternehmen so wichtig machen, sondern oft genug auch eine Fülle von „soft facts“, also sozialer Komponenten, die sich etwa in familienfreundlichen Strukturen (Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit, Kinderbetreuung u.ä.) oder gesellschaftlichem Engagement ausdrücken.
So unterstützt die „Fresh Factory“ unter anderem die Hamburger Tafel für Hilfsbedürftige und eine Kindertagesstätte im sozial schwachen Stadtteil St. Pauli. Wie auch „Die Räucherei“ bilden die Fruchtexperten aus Hamburg junge Leute zu Fachkräften in der Lebensmittelbranche aus und, wie Joachim Kunkel betont: „Als Teil einer Solidargemeinschaft zahlen wir alle natürlich unsere Steuern in Deutschland.“ Und das wird auch in Zukunft so bleiben.
Quelle: AHGZ November 2016 | Nr. 44 | www.ahgz.de |
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